Die Zigarette, meine Freundin
Du warst immer da.
Hast mich treu begleitet.
Verlässlich.
Egal, wie es mir ging –
du hast mich nie verlassen.
Deine Loyalität
ist meine Dankbarkeit.
Deine Liebe.
Bedingungslos.
Wenn ich aufgewühlt bin und wütend –
nicht mehr weiß, wohin mit mir –
dann nimmst du meine Wut zu dir.
Wenn ich traurig bin,
dann tröstest du mich.
Fast unsichtbar und sanft.
Du trocknest meine Tränen.
Wenn ich allein bin,
gibst du mir als stille Gesellschafterin Wärme
und nimmst mir die Einsamkeit.
Wenn ich in Gesellschaft bin,
dann unterstützt du meine Leichtigkeit,
mein Lachen.
Durch dich fühle ich mich verbunden –
so, wie ich es halten kann.
Wenn ich verliebt bin,
erdest du mich,
damit ich nicht verrückt werde vor Nähe.
Wenn mir langweilig ist,
ich warten muss,
dann füllst du die ungeduldige Leere in mir.
Du.
Ohne Urteil.
Ohne Forderung.
Nur du und ich.
Du hältst mich,
wenn ich mich selbst nicht halten kann.
Aber manchmal …
wirst du mir zu viel.
Du kratzt in meinem Hals,
ich muss husten und spucken –
und trotzdem HALTE ich dich.
Du schmeckst nicht,
bist bitter –
und trotzdem zünde ich dich an.
Mein Atem stinkt,
mein Körper dünstet dich aus,
meine Lunge verengt.
Du schwächst mich,
machst mich müde und schlapp,
nimmst mir den Atem.
Und ich?
Ich rauche dich trotzdem.
Du nimmst mir meine Gefühle weg –
was ich will,
was ich nicht will.
Warum?
Weil du mich beruhigst.
Weil du mich schützt.
Weil du mich kennst.
Dies ist kein Suchtgeständnis,
kein Liebesgeständnis.
Sondern eine Beziehungserkenntnis.
Vielleicht kommt der Tag,
an dem ich bereit bin,
ohne dich zu sein.
Nicht aus Kampf.
Nicht aus Angst.
Nicht aus Scham.
Nicht aus Ungeduld.
Sondern aus einem inneren Wissen:
Jetzt kann ich mich selbst halten.
Und wenn dieser Tag kommt,
lasse ich dich gehen.
Mit Würde.
Mit Dankbarkeit.
Einem kleinen Lächeln.
Mit einem stillen Nicken:
Du warst da,
als ich dich brauchte.
Und jetzt
kann ich es selbst
Bindungstrauma
Leise Bindungsgeschichten von Halt und der Suche nach Selbstregulation
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