Wir hatten beide nicht den Schlüssel

Ich habe es gespürt - 

Die Wucht im Nachbeben.

Die verzehrte Energie.

Diese tiefe Kraftlosigkeit.

Ein bleierner Zug in die Tiefe.

Ein inneres, verzweifeltes Nein:


 

Das sind nicht wir.


 

Und zugleich wusste ich:


 

Jetzt ist er da – 

der Moment,

in dem unsere Wunden 

sich verweben und verknoten.

So sehr, dass etwas bleibt.


 

Ein Riss. 

Zwischen uns.

In mir.

Ungewollt.

Und doch da.


 

Ein Riss, 

Der tiefer ging.

Mit einem Darunter.


 

Ich sehe dich - 

Nackt und regungslos.

Um dich selbst gewickelt,

Die Arme fest an dich gedrückt.

Ich fühle dich.

Und ich fühle mich.


 

Allein.


 

Ich atmete in eine stille Traurigkeit.

Vielleicht war es auch Trauer.

Ich versuchte zu bleiben - 

Und spürte

Ohne, dass ich Worte fand,

Ohne, dass du es benannt hättest.


 

Der Riss in mir, er lebt auch in dir.


 

Und dann kam sie, die Stille.

Und mit ihr das Ende.

Ein Bruch.


 

Und ich verstand nicht.

Da waren diese vielen Momente -

die getragen haben.

Echt.

Warm.

Möglich.


 

Sie waren stimmig.

Leicht, frei und nah.

Ein Boden, 

der sich weich und sicher anfühlt.

Nährend und tragend.


 

Und ja, da war auch das andere.

Wo es kratze, klopfte, pochte.

Momente, die an unsere Tiefe rührten.

An verletzte Orte.

Momente, in denen Stimmen in uns aufstiegen:

Brauchen, hoffen, kümmern, ringen.

Und trotzdem - 

Wir blieben. 

Wir hielten.

Uns.

Weil wir beide wollten.

Ganz.

Nicht nur im Leichten,

auch im Zerbrechlichen.

Weil wir spürten:

Es ist möglich.

Weil es da ist.


 


 

Und dann frage ich mich:

Wie kann so wenig 

so viel erschüttern?


 

Weil es nicht wenig war.

Weil es den Kern traf.

Weil schon längst etwas da war.

Was wir beide nicht wollten,

Und nicht sehen konnten.


 

Ich spüre deine Grenze. 

Und ich möchte sie nicht überschreiten.

Also schütze ich deine Grenze. Und meine.

Damit Du bleiben kannst. Und ich auch.


 

Es war schleichend.

intuitiv und achtsam.

Dieses Bemühen, 

die Grenze zu wahren.

 

Und während das geschah,

wurde langsam etwas lauter:

 

Die Scham, 

wenn es nicht gelingen mag.

 

Die Schuld. 

Das Nicht-genügen.

 

Und die Hoffnung, 

ich will es besser machen.

 

Doch es wurde schwerer.

Und enger.


 

Und alles war wahrnehmbar:

Das Sehende, das Fühlende, das Ringende.

Das Haltende, das Schützende, das Ausweichende. 

Und ich glaube: 

Wir waren mittendrin im Alten.


 

Ich halte dich.

Wir verlangten es nicht.

Aber wir taten es.

Und dabei ging Stück für Stück

Etwas verloren.

Leise.

In uns selbst.


 

Und nun öffnet sich in mir - 

Ein stilles Netz,

In das ich mich lege 

und fühle:


 

Ich möchte, 

dass du dich zeigst.

Ich möchte mich zeigen.

Ich möchte dich sehen und fühlen, 

mit allem, was in dir ist.


 

Was ich sehe -  ist schön.

Was ich fühle - ist wahr.


 

Und dann sehe ich etwas in dir, 

das mich berührt.

Was ich beschützen möchte.

Immer wieder. 

Damit es dir nicht weh tut.

Denn das möchte ich nicht.


 

Es wird schwerer für mich. 

Beginne in mir zu halten,

was dich verletzen könnte -

So denke ich.


 

Das Gefühl zu dir ist weich - 

Während das Gefühl zu mir härter wird. 

Ganz langsam - ich merke es kaum.


 

Manchmal nimmt es mir den Atem.

Und dann gebe ich dir etwas, 

was dich verletzt und dir doch weh tut. 

 

Du sagst es mit Worten,

um die sich ein Schleier gelegt hat.

Du bist milde mit mir.

 

Aber ich - 

nicht mit mir.


 

Irgendwann verliere ich 

meinen eigenen Halt.

Nicht immer.

Mal schleichend, 

mal plötzlich.

Und fühle -  

wie du mich stützt und trägst.


 

Aber dann 

fühle ich dich nicht mehr.


 

Da gehst du an einen anderen Ort,

Und ich auch. Lautlos. 

Auf einem Weg, 

der schon viele Spuren trägt.

Der führt.


 

Und jedes Mal, 

wenn wir an diesen Ort gehen,

Nehmen wir etwas mit.

Ohne Sprache.

 

Du in deinem Körper,

ich in meinem.


 

Aber greifen kann ich es nicht.

Und ich glaube, du auch nicht.


 

Und irgendwann, so unverhofft,

So aus dem Nichts.

Da kommt der Riss.

Und ich spüre: 

ich verliere dich.

Und mich.


 

Und ich ringe um eine Antwort

 - die mir nimmt, 

die Ohnmacht. 

Diese Hilflosigkeit 

und Verzweiflung in mir.

Ich fühle das Echte und ich fühle das Alte.

 

Und sehe - wo ich steh.

Aber da - 

da will ich nicht sein.


 

Nicht mit dir.


 

Ich spüre:

Die Nähe war da. 

Sie bewegte. 

Uns.

Im Sichtbaren und Verborgenen.

Die alten Sätze.

Den Schutz.

Den Sog.

Das Verhaken, 

wofür wir keine Sprache fanden.

Und unser Körper erinnerte, 

was Nähe mit uns machte.


 

Und da, 

wo wir uns wirklich gebraucht hätten -

konnten wir uns nicht gleichzeitig halten.

Nicht beide weich bleiben.

Nicht beide zeigen, was so verletzlich war.


 

Denn in deiner Wunde lag meine.

Und in meiner deine.


 

Und doch war es das Beste, 

was wir hatten.

Es war, 

was uns zur Verfügung stand.

 

Es war nur nicht genug. 

Für das Mögliche.


 

Wir waren nicht zu wenig.

Oder zuviel.

Uns fehlte nicht 

der gemeinsame Raum 

für die Tiefe. 

Es war der Raum, 

in dem wir diese Tiefe 

nicht halten konnten.


 

Wir haben versucht, 

weil wir fühlten.


 

Wir haben gehofft,

Weil wir wollten.


 

Wir waren verzweifelt,

weil wir nicht konnten.


 

Wir waren zwei Menschen, 

mit Geschichte.


 

Wir haben uns an Orten berührt, 

für die wir beide keinen Schlüssel hatten.


 


 

Bindungstrauma

Emotionale Sicherheit und Schutz – Wenn Nähe nicht gleichzeitig gehalten werden kann

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